Ein Plädoyer für Selbstverantwortung in einer Welt, in der vieles mittlerweile ausgelagert wird
Es gibt Sätze, die hallen nach. „Wer, wenn nicht ich?“ ist einer davon. Kein Pathos, keine große Geste – nur eine einfache Frage, die plötzlich alles in Bewegung bringen kann. Denn sie führt dahin zurück, wo Verantwortung wirklich beginnt: bei uns selbst.

Wir leben in einer Zeit, in der es leicht geworden ist, Verantwortung abzugeben. An Systeme, an Regierungen, an Algorithmen. An Partner, Chefs oder „die Gesellschaft“. Wenn etwas schiefläuft, finden sich rasch Schuldige. Und manchmal ist das sogar bequem: Wer keine Verantwortung trägt, kann auch nicht scheitern. Aber er oder sie kann eben auch nicht gestalten, nicht wachsen, nicht reifen.
Selbstverantwortung ist anstrengend. Sie konfrontiert uns mit unseren Ängsten, unseren Irrtümern, unseren Widersprüchen. Und sie konfrontiert uns mit unserem Scheitern. Doch genau dort liegt ihre Kraft.
Denn Scheitern ist kein Fehler – es ist ein Teil des Weges. Wer scheitert, hat gehandelt. Wer handelt, übernimmt Verantwortung. Und wer Verantwortung übernimmt, gestaltet seine Wirklichkeit.
Auch das ist ein Akt der Selbstermächtigung: zu sagen „Ich bin verantwortlich“ – nicht weil ich alles unter Kontrolle habe, sondern weil ich bereit bin, zu lernen, mich zu entwickeln, zu tragen, was ich trage. Weil ich nicht auf Erlösung von außen warte.
Ein Beispiel? Der Zeitfenster Verlag. Sein Erfolg – oder auch sein Scheitern – hängt im Wesentlichen an der Verlegerin selbst. An ihrem Gespür für den Zeitgeist, am Mut, diesem Gespür zu folgen, an der Bereitschaft, sich dem Prozess zu stellen, mit allen Höhen und Tiefen. Es ist eine Reise mit ungewissem Ausgang. Aber es ist ihre Reise. Und damit ist sie auch eine Einladung an andere, sich ebenfalls auf den Weg zu machen.
Vielleicht braucht es in einer Zeit der Dauerablenkung und Dauerabsicherung eine neue Kultur des Mutes. Einen Mut, der nicht auf Heldenposen zielt, sondern auf Klarheit, auf Rückgrat, auf das stille Wissen: Wenn ich es nicht tue, tut es vielleicht niemand.
„Wer, wenn nicht ich?“ – das ist keine Anklage an andere. Es ist ein Weckruf an uns selbst.
Vielleicht wäre es an der Zeit, diesen Satz wieder häufiger zu sagen.